Skills-Lab

Das Skills-Lab am Heinrich-Braun-Klinikum
Im Jahr 2023 wurde das Skills-Lab am HBK offiziell eröffnet. Der Hintergrund lag insbesondere in der Schaffung eines dritten Lernortes im Bereich der generalistischen Pflegeausbildung. Hier haben Auszubildende die Möglichkeit, in einem geschützten Rahmen Fehler machen zu dürfen, daraus zu lernen und ihre Handlungskompetenz am Patienten/Klienten/Bewohner zu verbessern. In der Zwischenzeit haben sich die Einsatzmöglichkeiten und Zielgruppen erweitert. Zudem bieten wir neben den physischen Simulationen auch die Möglichkeit in der virtuellen Realität (VR) an.
Zentral beim Skills-Lab-Lernen ist, dass das neue Wissen mit bereits vorhandenem Wissen und Können vernetzt wird und die Lernenden am Ende ihres Lernprozesses ein bestimmtes Verhalten aufzeigen. Ebenfalls entscheidend ist das Feedback, welches von den aktiven Teilnehmenden in den Szenarien, den Mitlernenden und/oder den Lehrenden gegeben wird. Dies zielt darauf ab, dass die Lernenden selbstständig und selbstverantwortlich ihr Wissen sowie ihre Fähigkeiten vertiefen und beruflich handeln. Die dabei im Mittelpunkt stehenden Situationen sind so realitätsnah wie möglich auszugestalten. Dies umfasst nicht nur den Inhalt, sondern auch die gezielte Anpassung der Lernumgebung an authentische Bedingungen aus dem Berufsfeld.
Des Weiteren verfügt das Skills-Lab über einen High-Fidelity-Simulator. Die Begrifflichkeit umschreibt das Vorhandensein eines sehr hohen Grades an Realitätsnähe. Im Vergleich zu einer klassischen Pflegepuppe verfügt der Simulator (Nursing-Anne) über eine vielfältige technische Ausstattung, sodass bspw. die Vitalzeichen darstellbar sind. Der Brustkorb hebt und senkt sich, der Blutdruck ist messbar und der Puls an allen bekannten Stellen tastbar. Auch über einen Lidschlag verfügt der Simulator. Diese Parameter lassen sich beliebig einstellen und können auch während eines Simulationstrainings individuell verändert werden. Um den Lernenden ein möglichst großes Repertoire an Handlungsmöglichkeiten zu bieten, können zudem verschiedene Wunden, Flüssigkeiten wie Blut oder Urin, sämtliche Zu- und Ableitungen und vieles mehr am Simulator realitätsgetreu nachgestellt werden. Eine weitere Besonderheit besteht auch darin, dass in ihm ein Lautsprecher und ein Mikrofon eingebaut ist. Somit kann er über ein vom Lehrenden getragenes Headset, angepasst an die jeweilige Fallsituation, besprochen werden.
Neben der realitätsnahen Ausstattung und dem Vorhandensein des Simulators unterscheidet sich das Skills-Lab noch in einem dritten Punkt von einem herkömmlichen Übungs- bzw. Demoraum. Die Simulationsräume sind mit Kameras und Mikrofonen ausgestattet. Die Bedeutung dieser Technik wird im Abschnitt zum Ablauf der Simulationsmethode deutlich.
Die Räumlichkeiten des Skills-Lab befinden sich in einem 1. Obergeschoss, welches barrierefrei mit einem Fahrstuhl erreichbar ist. Mehr als 100.000 Euro wurde für die Errichtung investiert und mit Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes mitfinanziert. Die laufenden Kosten wie bspw. Verbrauchsmaterialien, Personalkosten etc. werden von der Organisation getragen.
Das Lernen im Skills-Lab zielt auf die Entwicklung und Förderung von methodischen, fachlichen, sozialen, kommunikativen und personalen Kompetenzen ab. Es vernetzt das theoretische mit dem praktischen Lernen, da neues Wissen in die Arbeitswelt transferiert und damit die Handlungsfähigkeit des Lernenden gezielt gestärkt wird. Dieses Üben bietet eine Ergänzung zum realen Lernen in der Praxis und kann nicht als Alternative oder Ersatz gesehen werden.
Zentral beim Lernen im Skills-Lab ist der Grundsatz der positiven Fehlerkultur. Das bedeutet, dass die Lernenden die Möglichkeit haben, unter realen Bedingungen ihre Fähig- und Fertigkeiten zu trainieren, Fehler zu machen, damit eine individuelle, persönliche Entwicklung zu erleben und dem Adressatem (u.a. Klienten/Patienten/Bewohner) wiederum kein Schaden entsteht. Dies ist in der Praxis nicht möglich. Im Umkehrschluss fördert dies die Sicherheit der Adressaten, da die Lernenden aufgrund von steigender Routine und Erfahrung in ihren Handlungsabläufen sicherer werden. Durch die wachsende Handlungskompetenz verbessert es auch die Qualität im jeweiligen Zielbereich – z. B. Patientenversorgung, Anleitung von Auszubildenden, Gesprächssituationen etc. Ein weiterer Vorteil besteht in der Möglichkeit der Reproduzierung. Situationen können immer wieder unter gleichen Bedingungen wiederholt werden, wodurch der Lernende einen effizienteren Lernprozess durchlaufen kann und Lernergebnisse gezielt abgebildet und messbar sind.
Die Grundlage für ein Simulationstraining bildet das theoretische Wissen, welches den Lernenden im Vorfeld vermittelt werden muss sowie das Beherrschen von Einzelhandlungen (Skills). Beides muss vorhanden sein, damit die Simulation in ihrer Zielsetzung erfolgreich sein kann.
Vor dem eigentlichen Training findet ein Prebriefing statt. Das bedeutet, dass die Lehrenden die Rahmenbedingung, den Ablauf, die Inhalte und die Lernziele festlegen und definieren. Bevor die Lernenden ein Training durchlaufen, erhalten sie ein Briefing. In dieser Einführung werden die Lernenden auf das Simulationstraining vorbereitet. Zu dieser Phase kann auch die Wiederholung des theoretischen Wissens oder der im Training benötigten Skills und Handlungsabläufe gehören. Vordergründig geht es jedoch um die Informationen über den Ablauf des Szenarios, die Durchführung des Debriefings und das Kennenlernen der Räumlichkeiten. Auch das Kennenlernen der Räumlichkeiten, der Arbeitsmaterialien und des Simulators bzw. seine Funktionsweisen zählen dazu. Es ist wichtig, die Lernenden mit der Lernumgebung vertraut zu machen, um somit eventuell bestehende Spannungen zwischen Simulation und der Realität aufzulösen und dadurch gewisse Vorbehalte abzubauen. Weiterhin werden den Lernenden die Verhaltensregeln bzw. „Golden Rules“ im Skills-Lab vermittelt (siehe Anhang) wie bspw. die Verschwiegenheitspflicht gegenüber Dritten, die Verwendung der aufgezeichneten Filme sowie das Äußern von konstruktivem Feedback. Die Phase des Briefings endet mit einer eigenen kleinen Simulationserfahrung, einem sogenannten Fun-Szenarios. Die Lernenden erfahren auf einer spielerischen Art und Weise, wie das Training abläuft, wie sich die Kommunikation mit dem Simulator gestaltet und auch, wie es ist, sich im anschließenden Debriefing selbst zu sehen und zu hören. Die Eingewöhnungsphase ist sehr wichtig, damit eine sichere Lernatmosphäre und in diesem Zusammenhang die sogenannte psychologische Sicherheit, bei den Beteiligten aufgebaut wird.
Danach schließt sich das Szenario an, welches die eigentliche Simulationsdurchführung beinhaltet und, wie bereits beschrieben, mit einer Kamera aufgezeichnet und übertragen wird. Dieses umfasst das Lesen einer Fallbeschreibung, die Durchführung und die Beendigung der Simulation bzw. das Handeln des Lernenden am Simulator oder Simulationspersonen. Das Szenario ist eine didaktisch geplante Lernsituation, welche an die Lernziele der Teilnehmenden angepasst ist. Es wird ein realitätsnaher Fall nachgestellt und von den Lernenden bearbeitet. Dabei kann es sich um einfache, aber auch sehr komplexe Situationen handeln. Im Szenario interagieren die Teilnehmenden mit dem Adressaten (z.B. Simulator, Simulationsperson) und ggf. mit anderen Lernenden. Das Szenario, welches nicht länger als 15-20 Minuten dauert, wird von zwei Lehrenden beobachtet, gesteuert und mitgestaltet. Zudem erfolgt eine Live-Schaltung in einen (Debriefing-)Raum mit anderen Lernenden, die im Vorfeld einen Beobachtungsauftrag erhalten haben.
Im Anschluss an das Szenario erfolgt das Debriefing oder die Nachbesprechung. An dieser
Stelle erreicht die Simulation ihren didaktischen Höhepunkt, da eine kritische und strukturierte Reflexion des durchlaufenen Szenarios das wichtigste Element im Lernprozess darstellt. Das Debriefing beschränkt sich nicht auf das Feedbackgeben, welches eher einseitig verläuft, sondern umfasst eine Diskussion und Analyse der gemachten Erfahrungen. Die Lehrenden haben die Aufgabe, während des Szenarios Handlungen zu erkennen, welche ein besonderes Lernpotenzial hinsichtlich des Lernzieles aufweisen. Dies können zum Beispiel sehr kritische und schwierige Situationen sein, aber auch Momente, die ausgezeichnet absolviert wurden. Im Debriefing diskutieren und reflektieren die Lernenden ihre Handlungen gemeinsam mit den Lehrenden und ggf. den anderen Teilnehmenden und suchen gemeinsam nach Alternativen. Zudem sollen sie ihre Erfahrungen und deren Auswirkungen analysieren und dabei Aspekte herausfiltern, die besonders erfolgreich bzw. weniger erfolgreich waren. Dafür wird das per Kamera aufgezeichnete Szenario punktuell abgespielt. Diese Phase der Nachbesprechung dauert zwischen 45 und 60 Minuten.
Die Simulationstrainings sind mittlerweile fester Bestandteil der generalisitischen Pflegeausbildung geworden und sind in jedem Lehrjahr eingeplant. Auch im Bereich der Fort- und Weiterbildung konnten wir erste Simulationen durchführen z. B. in der Weiterbildung Praxisanleitung oder im Rahmen unserer Veranstaltung zum "Tag des offenen Skills-Lab". Unser Lernort stößt auf reges Interesse, sodass wir auch verschiedene Informationsveranstaltungen bereits angeboten haben.
In diesem Jahr planen wir noch erste Trainings mit Ärzten bspw. zum Thema Gesprächsführung. Die Möglichkeit der VR-Simulation baut sich parallel ebenso aus. Auch hier liegen die Adressaten nicht mehr nur im Bereich der Ausbildung, sondern ebenso in der Fort- und Weiterbildung. Aktuell arbeiten wir an einem großen Projekt im Rahmen der ärztlichen Fortbildung. Das Skills-Lab und auch die VR-Simulation werden auch in der Berufsorientierung einbezogen und sorgen stets für große Begeisterung.
Zudem lassen sich Situationen abbilden, die in der Realität bzw. in der eigentlichen Patientenversorgung nur sehr selten vorkommen (z. B. ein epileptischer Anfall). Die Lernenden können in unseren Simulationstrainings (egal ob virtuell oder physisch) gefahrlos üben. Das bedeutet, sie können Fehler machen, ohne dass dem Patienten ein Schaden entsteht. Wir bedienen uns einer positiven Fehlerkultur, sodass Fehler reflektiert und besprochen werden und sich daraus ein Lerneffekt ergibt. Das fördert nicht nur den Theorie-Praxis-Transfer, sondern erhöht die Handlungskompetenz unserer Lernenden und damit letztendlich die Patientensicherheit. Die Teilnehmenden, die bereits ein Training absolvierten, hatten großen Spaß und konnten ihr theoretisch Gelerntes noch einmal ganz anders anwenden. Das steigert die Motivation und Lernfreude. Des Weiteren kommen unsere Brillen im Rahmen der Berufsorientierung zum Einsatz. Die VR-Simulation ermöglicht uns, fast jedes Thema in eine Lernsituation zu überführen. Wir arbeiten an verschiedenen Inhalten auch im Hinblick auf wiederkehrende Fortbildungsthemen. Jeder ist eingeladen, selbst einmal in die VR-Welt einzutauchen, aber uns auch gern Themenideen oder -wünsche zu nennen oder gar selbst bei der Erstellung mitzuwirken.

Julia Glöckner
Leitung Bildungszentrum, Gesundheits- und Pflegepädagogin M.A.
Telefon: 0375 51-552207
E-Mail: julia.gloeckner@hbk-zwickau.de